Stadt Burghausen übernimmt ökologische Vorreiter-Rolle – verursacht durch Klimafreundlich Leben Kurs

Foto Dr. Holger Lundt

Dr. Holger Lundt ist verheiratet, hat 3 Kinder, von Beruf Physiker und inzwischen im Ruhestand. Als aktives Mitglied beim Bund Naturschutz und im Landesbund für Vogelschutz engagiert er sich seit Jahren im Arten- und Grundwasserschutz des Landkreises Altötting.
Im Jahr 2021 nahm Dr. Lundt in einem meiner Klimafreundlich Leben Kurse teil, der vom Umweltamt der Stadt Burghausen organisiert wurde.
Lesen Sie im Interview, warum dieser Klimafreundlich Leben Kurs einen nicht unerheblichen Anteil daran hat, dass die Stadt Burghausen als 1. Kommune Deutschland bei
mitmacht.

Franz:
Lieber Holger – Burghausen ist als die 1. Kommune in Deutschland bei „4 per 1000“ dabei. Hier der Zeitungsbericht der PNP vom 26.3.22 „Gesunde Böden als Querschnittsaufgabe – Stadt Burghausen übernimmt Vorreiter-Rolle“ ….
Du hattest damals bei unserem Klimafreundlich Leben Kurs in Burghausen als Aufgabe genau dieses Wunsch-Ziel formuliert. Von daher möchte ich dir ganz persönlich für diesen Erfolg gratulieren!
Magst du uns erzählen, was die Ziele von „4 per 1000“ sind und warum dir dies so wichtig war, dass du dir genau diese Aufgabe vorgenommen hattest?“

Holger:
Die 4p1000 Initiative wurde im Jahr 2015 von der Regierung Frankreichs während der Weltklimakonferenz in Paris gegründet. Das wesentliche Merkmal dieser Initiative ist ein Lösungsansatz, der den drei großen Herausforderungen unserer Zeit, nämlich Klima- und Artenschutz und eine nachhaltige Landwirtschaft, ein gleicher Weise gerecht wird. Die zentrale Maßnahme dabei ist ein weltweiter Aufbau von Humus in unseren Böden. Denn unsere Böden sind ja noch vor den Wäldern der größte terrestische Speicher von Kohlenstoff auf unserem Planeten. Dabei geht es nicht nur um eine Senke für CO2 zum Klimaschutz, sondern auch die Bewahrung der Bodenfruchtbarkeit für eine ökologisch orientierte Landwirtschaft. Zugleich wird der Boden selbst als Ressource vor Erosion geschützt und die lebenswichtige Bildung von Grundwasser gefördert.

Franz:
Warum glaubst du hat die Stadt Burghausen diese Vorreiter-Rolle übernommen und was sind die Gründe, warum es in Deutschland seit 2015 bisher noch keine Kommune vorher getan hat?

Holger:
Humus in der oberen Bodenschicht fördert nicht nur die Grundwasserneubildung sondern er schützt auch die unteren Grundwasservorkommen vor Eindringen von Nitrat. Genau dieser Effekt ist für uns in Burghausen besonders wichtig. Daher passt die 4p1000 Initiative hervorragend zu unseren bisherigen Bemühungen zum Grundwasserschutz in Burghausen. Und daher war es mir so wichtig, diese internationale Initiative in unsere kommunale Politik hineinzutragen. Hinzu kommt der glückliche Umstand, dass Prof Hülsbergen von der TU München, der die Stadt Burghausen beim Grundwasserschutz ohnehin berät, bei diesem Thema einen Forschungsschwerpunkt hat und daher auch die 4p1000-Programme in Burghauen wissenschaftlich begleiten kann.
Leider hatte unsere alte Bundesregierung zwar Frankreich auf internationalen Konferenzen die Teilnahme an 4p1000 zugesagt, praktisch ist das  aber kaum  in konkreten Programmen umgesetzt worden. Daher ist 4p1000 bisher auf kommunaler Ebene in Deutschland kaum bekannt geworden. Das ändert sich aber gerade. In Bayern unterstützt inzwischen auch die Landesanstalt für Landwirtschaft 4per1000 und erarbeitet ein Humus-Programm.

Franz:
Gibt es denn schon erste Erfolge aufgrund der Teilnahme von Burghausen an 4p1000 und wie ist die Umsetzung in der Region organisiert?

Holger:
Nach dem Beitritt von der Stadt Burghausen bei 4p1000 wird nun in Zusammenarbeit mit der Ökomodellregion Inn-Salzach und Prof. Hülsbergen ein Programm erarbeitet, dass folgende Schwerpunkte haben wird:
– Anbau von Leguminosen
– Verwendung von Pflanzenkohle und Kompost
– Agroforste und Hecken
Die genauen Rahmenbedingungen werden derzeit erarbeitet.

Franz:
Welche Strategie empfiehlst du Kommunen, die ebenfalls bei 4p1000 mitmachen wollen?

Holger:
Maßnahmen zum Humusaufbau können von vielen Kommunen durchgeführt bzw. gefördert werden.  Dazu können landwirtschaftliche Praktiken zum Humusaufbau finanziell unterstützt oder derartige Maßnahmen in Pachtverträgen vereinbart werden. Außerdem können beispielsweise Hecken und Agroforste auch auf kommunalen Grundstücken angelegt werden. Neben den vielen Vorteilen für den Artenschutz sind sie auch hervorragende Kohlenstoffsenken für den Klimaschutz, wie neueste Untersuchungen des Thünen-Instituts zeigen.
Ich wünsche mir, dass viele Kommunen dem Beispiel Burghausen folgen und so den Klima- und Bodenschutz auf die kommunale Ebene bringen. Genau da gehört er hin, nämlich vor die Haustür.

Franz:
Dürfen sich Kommunen oder Interessierte bei dir melden?

Holger:
Gerne unter meiner Email-Adresse
Für weitere Fragen zum 4p1000-Beitritt von Kommunen sind die Ansprechpartner bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung Frau Julia Klemme und Frau Claudia Schepp.
Hier auch noch ein gut gemachtes und leicht verständliches 3-Minuten-youtube-Video zu 4p1000 in englischer Sprache.

Franz:
Ich bedanke mich herzlich für dieses Interview bei dir und möchte dich gerne um ein kurzes Abschluss-statement zu Klimafreundlich Leben bitten …

Holger:
Lieber Franz, dein Workshop Klimafreundlich Leben in Burghausen hat einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, dass das Thema Klimaschutz bei uns verstärkt in die Kommunalpolitik hingetragen wurde. Dafür danke ich dir!
Ich wünsche dir, dass du mit diesem Engagement in unsere Region weiterhin solche Erfolge erzielst.